70 Jahre Verabschiedung der Erklärung der Menschenrechte

Minenarbeiter in der Coltanmine in Muzinzi in der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu. © KNA

Vielerorts ist derzeit von der Krise der Menschenrechte zu hören und zu lesen. Der Jahrestag in diesem Jahr ist vor allem Anlass, auf die wachsende Unterminierung von Menschenrechten durch populistische Politiker in vielen Teilen der Welt hinzuweisen.

Darüber hinaus besorgt eine zunehmende Skepsis gegenüber den Menschenrechten in den Wissenschaften. Immer häufiger werden die Menschenrechte als typischer Ausdruck des Zeitgeistes des 20. Jahrhunderts charakterisiert und als unpassend für die Herausforderungen des 21. Jahrhundert eingestuft. Es darf angesichts solcher Gegenbewegungen bezweifelt werden, ob eine Allgemeine Erklärung der Menschenrechte in den Vereinten Nationen gerade heute noch verabschiedet werden könnte.

Trotz alledem: Die Leistungsfähigkeit der Menschenrechte ist beachtlich und die Folgen für praktische Politik sowie die Denkanstöße, die von ihr ausgingen, sind ein Grund zum Feiern. Ein Blick auf die siebzigjährige Geschichte der Menschenrechtserklärung kann vor allzu viel Pessimismus bewahren. So wurde die Erklärung auch im Jahr ihrer Verabschiedung keineswegs umfassend begrüßt, ja ihre Verabschiedung wurde nur von sehr Wenigen überhaupt wahrgenommen und ihr wurde nur geringe Wirkung zugetraut. Der Vorwurf der Hybris ist ebenfalls schon seinerzeit geäußert worden. Und doch verkennen solche Vorwürfe, wie wichtig es ist, dass die Menschenrechte in ihrer Orientierung auf den Schutz und die Absicherung der fundamentalen Würde der Person sowohl ein Ideal formulieren, als auch eine Grundlage von offenen und freien, dem Wohl Aller dienenden Gesellschaften beschreiben.

Auch heute wird die Würde der Menschen täglich tausendfach verletzt. Das ist bitter und enttäuschend, vor allem für die, die von den Menschenrechtsverletzungen betroffen sind. Das kann zu Entmutigung führen bei denen, die sich für die Menschenrechte einsetzen. Zugleich aber gibt es Entwicklungen, die zeigen, welche Strahlkraft weiterhin von den Menschenrechten ausgeht. So hat beispielsweise der jüngste Austritt der USA aus dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen andere Staaten dazu inspiriert, eine aktivere Rolle im Rat einzunehmen und neue Initiativen und Kooperationen zu starten und dabei das weltweite Netz von Botschaften neu zu nutzen, um für einzelne Menschenrechtsanliegen breite Unterstützung einzuwerben. In der letzten Sitzung des Menschenrechtsrats in diesem Jahr sind in Genf neue Gremien eingerichtet worden, denen gerichtsfeste Untersuchungen und Beweissicherung für schwere Menschenrechtsverletzungen aufgetragen werden können. Das sind zwei jüngere Entwicklungen auf internationaler Ebene, die nicht zuletzt darauf hinweisen, dass der Druck Einiger gegen die Menschenrechte bei Anderen zu einem verstärkten Bemühen führt, die praktische Bedeutung zu stärken.

Und schließlich soll auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verwiesen werden. Sie hat im Jahr 2015 nicht nur 16 Entwicklungsziele und zahlreiche Unterziele formuliert, die die gemeinsame und je unterschiedliche Verantwortung der Staaten für die Entwicklung unserer Welt beschreiben. Vielmehr entfaltet sie in der Erklärung, aus der die Ziele und Unterziele hervorgehen, die Bedeutung der Würde eines jeden Einzelnen. „Leave no one behind“ – „Keinen Menschen zurücklassen“ wird häufig als Motto der Agenda zusammengefasst. Aus dieser Fokussierung auf den größstmöglichen Respekt, die Schutz- und Gewährleistungsansprüche eines jeden Menschen um seines Menschseins Willen, geht die Nachhaltigkeitsagenda hervor. Die Erklärung fußt auf den Menschenrechten und übersetzt diese in greifbare und überprüfbare politische Ziele. Die Ziele lassen die Relevanz der Menschenrechte für eine Politik unserer Zeit klar hervortreten. Weder gehören die Menschenrechte einer bestimmten Region an, noch sind sie einem bestimmten Jahrhundert exklusiv zuzuordnen. Sie sind bedeutsam für viele Menschen und viele Organisationen weltweit und setzen politische Energien frei, die auch heute nicht – trotz aller Schwierigkeiten – unterschätzt werden dürfen.

Von Dr. Daniel Legutke, Referent für Menschenrechte der Deutschen Kommission Justitia et Pax

Mehr zum Thema Menschenrechte im Dossier auf weltkirche.de.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert