Ein zerstörter Wallfahrtsort

Junge Bewohner von Pengue. © O. Derenthal

Heute war ich – nach acht Monaten – wieder einmal ein Pengue, unserem Wallfahrtsort in sieben Kilometern Entfernung von Mobaye. Mit unserem Katechisten Charles haben wir uns zu Fuß auf den Weg gemacht, um Kirche und Gemeinde zu besuchen, ganz spontan und ohne Vorankündigung.

Ein Bewohner zeigt die Zerstörung im Dorf. © O. Derenthal

Pengue ist nicht nur ein Wallfahrtsort, sondern auch ein großes Dorf; ein Dorf wie so viele andere auch in der Basse-Kotto und in der gesamten Zentralafrikanischen Republik. Die Menschen leben von dem, was ihre Felder, Hühner und Ziegen hergeben und was sich anschließend auf dem Markt in Mobaye verkaufen lässt: Maniok, Bohnen, Papayas, Kochbananen. Manche haben es durch den Kaffeeanbau zu bescheidenem Wohlstand gebracht, was hier bedeutet, dass sie in einem Haus mit einem Dach aus Wellblech und nicht aus Gras wohnen.

Zerstörtes Haus in Pengue. © O. Derenthal

Wie so viele andere Dörfer ist Pengue aber auch Ziel von Rebellion und Krieg geworden. Aus Zorn und Wut über die seit vier Jahren andauernden Schikanen der Séléka-Rebellen hat sich eine starke Gruppe von Anti-Balaka-Kämpfern in Pengue gebildet. Dies wiederum hat im Juli Vergeltungsaktionen hervorgerufen. In mehreren „Expeditionen“ haben die Rebellen von Mobaye den Ort angegriffen, die Bewohner vertrieben, die Häuser geplündert und anschließend in Brand gesetzt. Die Bilder sprechen für sich.

Die Gebäude mit Wellblechdach im Hintergrund gehören zum Wallfahrtsgelände. © O. Derenthal

Die Gebäude mit Wellblechdach im Hintergrund gehören zum Wallfahrtsgelände. Aus Kirche und Sakristei sind vor allem zahlreiche Bänke, aber auch einige Alben, Messgewänder und ein Kelch gestohlen worden. Vielleicht tauchen sie irgendwo mal wieder auf. Wer immer so etwas kauft oder verkauft, weiß, dass es sich um Diebesgut handelt.

Aber das ist alles halb so schlimm. Viel schlimmer sind die Lebensbedingungen der Menschen; praktisch alle sind bei den Angriffen in den Busch geflohen; einige von ihnen sind mittlerweile nach Pengue zurückgekehrt, einige harren noch aus. Sie trauen dem in Mobaye vor einem Monat geschlossenen Waffenstillstand nicht. Wie durch ein Wunder sind unter der Zivilbevölkerung „nur“ zwei Opfer zu beklagen. Ein Familienvater und eine junge Frau, die sich in ihrem Haus versteckt hatte, bevor die Rebellen kamen und es in Brand setzten. Bestattet ist sie neben ihrem kleinen Kind, das nur ein paar Monate zuvor gestorben war.

Pengue. © O. Derenthal

Vom wahren Frieden, der uns an Weihnachten verkündet worden ist, sind wir noch weit entfernt. Als Charles und ich am Mittwoch Pengue erreichten, war uns das sofort klar: Am Ortseingang erwartete uns eine Barriere mit einem roten, dreieckigen Wimpel. Will heißen: „Achtung – dieses Dorf ist Anti-Balaka-Gebiet“. An der Schranke wurden wir herzlich begrüßt. Von einem unserer jungen Pfadfinder, der jetzt zu jener bewaffneten Gruppe gehört, die das Dorf „schützt“.

Pengue steht stellvertretend für alle Dörfer in der Basse-Kotto. Die ganze Präfektur ist verwüstet. Die Kriegsherren erklären lauthals den Frieden. Die Bevölkerung leidet stummgeschlagen weiter. Doch die Sehnsucht nach und die Hoffnung auf Frieden lassen uns immer wieder in unseren Gottesdiensten tanzen.

Von Pater Olaf Derenthal

Olaf Derenthal, Spiritaner, Missionar und Krankenpfleger, lebt und arbeitet seit Oktober 2016 in der Zentralafrikanischen Republik. Mit zwei Mitbrüdern begleitet er die junge Kirche in der Pfarrei Mobaye und arbeitet als Koordinator für Gesundheitsprojekte der Diözese Alindao. Wegen zunehmender Konflikte zwischen den Rebellen dort ist er mit seinen Mitbrüdern vorübergehend in den benachbarten Kongo geflohen. Hier finden Sie Auszüge aus seinem Blog.

 

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