Eine lebendige Partnerschaft

Ankunft der Trierer Delegation in Santa Cruz. © Dominik Holl

„Eine Partnerschaft lebt von der Begegnung und den gemeinsamen Erfahrungen. Sie lebt nicht nur davon, dass man voneinander weiß. Wir sind hier hergekommen, um die Partnerschaft zwischen der Diözese Trier und der Bolivianischen Kirche zu vertiefen und zu stärken.“ So formulierte Bischof Dr. Stephan Ackermann die Motivation, die hinter der achttägigen Delegationsreise in das lateinamerikanische Land stand.

Die Delegation bestand aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bistums Trier, die sich in der Partnerschaft aktiv engagieren sowie Politikern aus Rheinland-Pfalz, darunter drei Abgeordnete des Rheinland-Pfälzischen Parlaments: Heike Scharfenberg (SPD), stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Europafragen und Eine Welt, Marco Weber (FDP), Vorsitzender des Umweltausschusses, Nico Steinbach (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses, sowie der Staatssekretär im Umweltministerium, Dr. Thomas Griese. Die Reise stand unter dem Thema der gemeinsamen Verantwortung für die Schöpfung. Besonderes Interesse zeigten die Politiker am Besuch einer Wasserwiederaufbereitungsanlage und der Gewinnung von Lithium am Salar de Uyuni, das vor allem für die Elektro-Mobilität von hoher Bedeutung ist.

Freiwillige in La Paz, Bolivien. © Dominik Holl

Nach mehr als 14 Stunden Flug von Frankfurt aus über Madrid landete die Gruppe um Bischof Ackermann Sonntagmorgen Ortszeit in Santa Cruz, wo ihr von Freunden der Partnerschaft ein großer Empfang bereitet wurde. Dutzende Bolivianerinnen und Bolivianer, die auf unterschiedliche Arten und Weisen mit der Bolivienpartnerschaft verbunden sind, warteten mit Plakaten, Fahnen und großem Jubel auf den Trierer Bischof und seine Mitreisenden. Im Anschluss an diese herzliche Begrüßung ging es direkt los zur ersten Begegnung: Im Priesterseminar von Santa Cruz, dem Seminario San Lorenzo, stellte sich Philipp Spinner, Geschäftsführer der Comisión de Hermandad – der Kommission Bolivienpartnerschaft vor. Er hatte die Reise in Rücksprache mit der Diözesanweltkirche geplant und begleitete die Gruppe von Santa Cruz über Concepción, Tarija, Potosí bis nach La Paz.

Nach diesem kurzen Ankommen in Bolivien setzte sich die Gruppe in einen Bus und fuhr nach Concepción. Der Weg führte durch das subtropische Tiefland von Bolivien und gab einen ersten Eindruck des lateinamerikanischen Landes. Die große Mehrzahl der Delegation war zum ersten Mal in Bolivien. In San Javier, wo sich eines der ursprünglichsten Missionskreuze befindet, legte die Gruppe einen ersten Zwischenstopp auf dem Weg nach Concepción ein, um einen alten Konvent der Jesuitenreduktionen anzusehen, der heute ein Museum ist. Hier wird die Geschichte der Jesuitischen Missionare in Bolivien dargestellt. In Concepción wurde die Gruppe ebenso herzlich begrüßt wie schon am Morgen am Flughafen. Bischof Ackermann feierte in der Kirche von Concepción zusammen mit Bischof Antoni Bonifacio Reimann, dem Apostolischen Vikar von Ñuflo de Chávez, einen Gottesdienst. Im Anschluss zeigte er uns das Musikarchiv, in dem mit Hilfe der Bolivienpartnerschaft etliche Partituren, die in den Räumen der Kirche gefunden worden waren, wieder restauriert werden, um so die Musik der Jesuitenreduktionen, die zum Teil von Indigenen verändert oder selbst komponiert wurde, für die Nachwelt zu erhalten.

Ständiger Rat, Bolivianische Bischofskonferenz. © Dominik Holl

Auf diesen ersten bereits sehr beeindruckenden Tag folgten viele weitere sehr intensive Begegnungen: Mit Bischöfen, die sich in der Partnerschaft engagieren und ihren Willen bezeugten, sie weiterhin zu vertiefen, oder mit Freiwilligen aus Deutschland, die gerade in Bolivien ihren Dienst leisten: „Zu den Stützen der Partnerschaft gehören für mich die vielen Menschen, die auf der Grundlage des Evangeliums handeln, aber auch die vielen jungen Leute, die als Freiwillige unterwegs sind“, sagte der Bischof im Anschluss an ein Treffen mit einigen Freiwilligen aus Deutschland. „Tu immer das, wovor du ein bisschen Angst hast. Es braucht großen Mut, diesen Schritt zu tun und die eigene Angst zu überwinden. Aber alle, die dieses Jahr gemacht haben, können bestätigen, dass es eine unheimliche Bestärkung und einen Schub für das Leben gibt.“ Neben Freiwilligen aus den Bistümern Trier und Hildesheim traf sich Bischof Ackermann auch mit ehemaligen Reverse-Freiwilligen, Bolivianerinnen und Bolivianern, die ihren Freiwilligendienst in Deutschland gemacht haben.

Freiwillige in El Alto. © Dominik Holl

Die Delegation aus dem Bistum traf aber nicht nur zahlreiche Menschen in Bolivien, auch verschiedene Projekte wurden der Gruppe vorgestellt, wie zum Beispiel das Zentrum für Suchtkranke „Hogar La Colmena de Santa Rita“ in der Nähe von Tarija. Hier leitet  Pfarrer Alejandro Fiorina einen Ort, in dem Suchtkranke, aber auch Obdachlose und Menschen mit Behinderungen einen Platz zum Leben und eine Aufgabe für ihren Alltag finden. In verschiedenen Werkstätten werden Kuchen gebacken, Betten und Stühle hergestellt, Metall verarbeitet und im eigenen Garten Gemüse angebaut. Zwei Jahre lang leben die Männer, die zumeist Alkoholiker sind, im Zentrum. In Gruppentherapie versuchen sie, ihre Sucht zu überwinden. Die Gemeinschaft, vor allem aber auch die Arbeit, die ihrem Alltag einen neuen Rhythmus gibt, hilft ihnen; über ihre Krankheit reden sie offen und ohne Scham. Sie scheinen sehr froh darüber zu sein, in dem Zentrum eine neue Chance zu bekommen.

Acht Tage lang hat Bischof Ackermann zusammen mit der Delegation aus dem Bistum Bolivien von allen Seiten angesehen: Neben der großartigen Natur des lateinamerikanischen Landes lernte die Gruppe faszinierende und herzliche Menschen und beeindruckende Projekte kennen, vor allem aber durften sie sehen, dass die Bolivienpartnerschaft nicht nur ein Wort ist, sondern dass sie auch nach fast 60 Jahren noch überall in diesem Land lebendig ist und Zeugnis einer tiefen Freundschaft zwischen Deutschland und Bolivien abgibt. Die Partnerschaft über so lange Jahre in Treue zueinander zu pflegen und auszubauen sei einer der großen Erfolge, erklärte Bischof Stephan Ackermann. „Der Wert besteht für mich darin, dass es wirklich Partnerschaft zwischen Ortskirchen ist, nicht nur zwischen Einzelpersonen oder Pfarreien.“ Es sei etwas Besonderes und Einmaliges, auf der Grundlage des Evangeliums gemeinsam den Blick auf die Situation von Kirche und Gesellschaft zu richten.

Von Dominik Holl, Bistum Trier.

 

 

 

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