Wie sich in Nicaragua Probleme in Luft auflösen

Bei dem Umzug zum internationalen Tag der Menschen mit Behinderung ich mit einer Kollegin. Na, wer erkennt mich? © S. Abrantes Diaz

Während ihr eurem normalen Alltag nachgeht, muss ich feststellen, dass mir hier einige Türen geöffnet wurden. Nach über 25 Tagen haben sich hier in Nicaragua einige Probleme gelöst, die ich aus Deutschland mitgebracht hatte. Wie einfach man sie doch bewältigen kann, liegt ganz in den Händen der sogenannten Nicas.

Wie oft stand ich in Deutschland am Bahngleis und die Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn raubte mir den letzten Nerv. Besonders, wenn es im Winter kalt war und ich spürte, wie die Kälte sich um meine Füße wickelte. Aber hier in Nicaragua ist das kein Problem, weil hier gar keine Bahnen fahren. Genau, hier fahren nur Taxis und Busse. Zwar gab es hier einmal eine Bahnstrecke, die auch durch Granada fuhr, aber die steht seit einigen Jahren still und der ehemalige Bahnhof wird hier nun als technische Hochschule genutzt.

Ebenso kompliziert war es, in Deutschland rechtzeitig den Bus zu erreichen oder ihm noch hinterherzulaufen, damit man ihn noch erreicht. Wie gut, dass hier die Busse nicht an bestimmten Haltestellen halten, sondern man einfach sagt wo man raus möchte und sich so weite Fußwege ersparen kann. Man hat hier also kein Problem, an seinem Ziel auszusteigen, anstatt bis zur Haltestelle zu fahren, um vielleicht sogar die gefahrene Strecke zurücklaufen zu müssen, weil das ZIel vorher lag.

Ampeln? Fehlanzeige!

Genauso ist hier auch für Autofahrer die Teilnahme am Straßenverkehr viel günstiger. Knöllchen für das Überqueren einer roten Ampel gibt es nicht, weil keine Ampeln aufgestellt sind. Die Vorfahrt kann man hier auch keinem nehmen, da es keine Verkehrsschilder und auch kein „Rechts-vor-Links“ gibt. Ebenso gibt es keine Richtgeschwindigkeit, man fährt so schnell wie man sicher durch die Straßen kommt und die Motorräder, die von rechts und links überholen, nicht übersieht. So viel einfacher kann es sein, Auto zu fahren und das Portemonnaie freut sich auch. Hier scheint es kein Problem zu sein, einfach den Menschen die Verkehrsordnung zu überlassen, denn es funktioniert.

So gelassen ist hier die Mentalität der Nicas – und ich merke schon, dass sie sehr ansteckend ist. Auch die Polizei hat immer eine offene Tür: Als wir vergangene Woche mit einer kleinen Gruppe von den Mädchen aus dem Heim zu einer Modeschau gingen, die vom Behindertenzentrum veranstaltet wurde, erwischte uns auf dem Rückweg ein Regenschauer. Und wer von den Erziehern hatte mit Regenschirmen vorgesorgt? Keiner.

Spontanbesuch bei der Polizei

Also kamen wir auf dem Heimweg an der Polizeistation vorbei und wurden herzlich mit Kaffee empfangen. Nein, für die Kleinen war es auch nicht langweilig, denn für die Polizistin war es kein Problem, den Fernseher einzuschalten.

Gestern war ein unglaublich spannender Tag: Da die Mädchen jeden letzten Freitag im Monat keinen Schulunterricht haben, planten wir verschiedene Aktivitäten im Heim. So ging es morgens mit einem Rollenspiel los, das in Kleingruppen vorgetragen wurde. Jede Gruppe musste einen Wert ziehen (Ehrlichkeit, Respekt, Freundlichkeit), den sie dann darstellen musste. Danach gab es noch einen Gesangswettbewerb, bei dem die Mädchen sehr schnell Texte mit einer passenden Melodie komponiert und vorgetragen haben.

Straßenumzug zum Tag der Menschen mit Behinderung

Zum Abschluss ging es nach dem Mittagessen zu einem Umzug. Zum Tag der Menschen mit Behinderung gingen Menschen durch die Straßen Granadas und wir waren auch dabei! Einige unserer Mädchen trugen die Volkstracht und andere einen Bilderrahmen, den ich gestalten durfte mit der Aufschrift „Yo y tu en un mismo corazón“, was so viel heißt wie „Du und ich in einem selben Herzen“. Sogar die Bürgermeisterin ließ sich nicht die Gelegenheit nehmen, sich mit einigen Kindern hinter dem Rahmen ablichten zu lassen! Es war gar kein Problem, dass sie sich unter die Menschen mischte.

Nach einer sehr ereignisreichen Woche freue ich mich schon auf alle weiteren Feierlichkeiten und gesunden Arbeitsstunden: Leider habe ich mich mit einer Bindehautentzündung infiziert. Daher trage ich auch die Maske auf den Bildern.

Bei diesen Festen habe ich natürlich auch an die Feiern in meiner Heimat gedacht: In diesen Tagen hat bei mir daheim das größte deutsche Bürgerschützenfest stattgefunden. In diesem Sinne grüße ich alle Neusser Bürgerschützen und habe die große Ehre das erstmals aus Nicaragua zu tun!

Von Sandra Abrantes Diaz

Dieser Blogeintrag stammt aus dem Sternsingerblog der Freiwilligen und wurde mit freundlicher Genehmigung von „Die Sternsinger“ und Missio verwendet.

Über Sandra: Hola! Ich bin Sandra Abrantes Diaz, 18 Jahre und komme aus Neuss, einem kleinen Städtchen bei Düsseldorf am Rhein. Von hier werde ich meine Reise nach Nicaragua antreten, um dort in der drittgrößten Stadt, Granada, zu leben. Ich werde in dem Mädchenheim „Madre Albertina“, welches Obhut für missbrauchte uns benachteiligte Mädchen bietet, mitarbeiten. Voller Vorfreude werde ich am 2. August meinen Freiwilligendienst in über 9 000 Kilometern Entfernung antreten. Damit ich meine Erfahrungen mit euch teilen kann, freue ich mich, regelmäßig bloggen zu können.

Mehr Infos zum Freiwilligendienst gibt es auf mein-eine-welt-jahr.de.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert