Kirche als ältester Global Player

Erzbischof Dr. Ludwig Schick

Erzbischof Schick hat am Mittwoch in Nürnberg mit Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) über Zukunftsfragen und Globalisierung diskutiert. Zu dem Vortrag von Minister Müller hat der Erzbischof sechs Themen hinzugefügt, die die Kirche seines Erachtens besonders in die Entwicklungsarbeit einbringen kann und muss. Diese Punkte hat er auch auf seinem Facebook-Profil veröffentlicht.

1. Hoffnung

Ohne Hoffnung greift keine Entwicklungsarbeit und ist keine bessere Zukunft für alle aufzubauen. Ohne Hoffnung hat Entwicklungshilfe nicht den nötigen langen Atem und läuft aus Pessimismus und Resignation ins Leere.

Die Kirche ist der älteste und aktivste Global Player der Menschheitsgeschichte. Von Anfang an hat sie das Reich Gottes für die ganze Menschheit ausbreiten wollen, entsprechend dem Auftrag Jesu: „Geht hin in alle Welt!“ Das Reich Gottes besteht aus Gerechtigkeit, Friede und Freude für alle Menschen. Dies zu erreichen ist das Ziel aller Entwicklungsarbeit in Politik, Kirchen und Religionen. Freude gibt es nur, wenn Menschenwürde und Menschenrechte für alle Menschen anerkannt sind.

Unzerstörbare Hoffnung, auch angesichts von Rückschlägen und Fehlschlägen, kommt aus dem Glauben an einen guten Gott, der das Wohl aller Menschen intendiert und der unser Mitwirken fordert. Diese Hoffnung ist in Afrika, in Asien, Lateinamerika oft mehr vorhanden als im „Alten Europa und Nordamerika“. Auf diesen Kontinenten gibt es mehr Hoffnung, weil es mehr Religion gibt. In Europa gibt es weniger Hoffnung, weil es weniger Religion gibt.

2. Das Streben nach Frieden und Versöhnung

Das Streben nach Frieden und Versöhnung ist eine weitere wichtige Aufgabe der Kirchen und für Entwicklungen unabdingbar. Unfriede und Kriege, von denen es leider Gottes unzählige, besonders in Afrika, aber auch in Asien und ebenfalls in Lateinamerika gibt, sind die größten Entwicklungshemmer. Sie sind vor allem auch für Hunger und Vertreibung verantwortlich.

Aufgabe der Kirchen und Religionen muss es sein, die Friedenspotentiale zu entdecken, die in jeder Religion vorhanden sind, um auch radikale Gruppen, die Religion falsch verstehen oder missbrauchen, wie zurzeit IS, Boko Haram, etc., zu enttarnen und zu isolieren. Die Friedensarbeit ist mit Versöhnungsarbeit verbunden. Hier haben die Kirchen und Religionen eine große Aufgabe und sie erfüllen sie in verschiedenen Ländern vorbildlich.

3. Bildung

Bezüglich der Bildung favorisiert die Politik in der Entwicklungsarbeit zu Recht das Duale System. Das bedeutet, mit Bildung müssen zugleich Berufe geschaffen werden. Den Begriff Duales Bildungssystem kann man auch auf Bildung anwenden, die Wissensvermittlung für Berufe darstellt und zugleich ethische Bildung – Menschenwürde und Menschenrechte, Werte und Tugenden – vermittelt. Das Wertewissen ist für das Gemeinwohl unabdingbar. In die Bildungssysteme müssen vor allem auch Frauen einbezogen werden. So wird ein wichtiger Beitrag für die Familienplanung geleistet, die von der Kirche grundsätzlich befürwortet wird.

4. Aktive Bürgergesellschaft

Eine aktive Bürgergesellschaft muss in allen Nationen und Ländern aufgebaut werden. Sie ist das wichtigste Mittel, damit Staaten ihre Entwicklung selbst in die Hand nehmen können. Dabei ist auf den Trickle-up Effekt zu achten, der darin besteht, dass auf den unteren Ebenen Bildung, Ausbildung, Bürgerschaftsengagement etc. vermittelt werden, die sich dann nach oben hin ausbreiten. So kann verantwortungsvolles, gemeinwohlorientiertes Handeln von Verantwortungsträgern in Politik und Wirtschaft sowie im Sozial- und Bildungswesen entwickelt werden. Die Kirchen waren in ihrer Entwicklungsarbeit immer auf die einfachen Leute ausgerichtet. Das Evangelium den Armen zu verkünden, ist eine besondere Aufgabe der Kirche. Sie muss weitergeführt werden, damit der Trickle-up-Effekt erfolgt.

5. Gute Regierungsführung

Der Korruptionsabbau mit Stärkung der Regierungen und dem Aufbau eines geordneten Staatswesens, das auf der Demokratie aufbaut und eine geordnete Legislative, eine funktionierende Administrative und eine effektive Judikative hervorbringt, ist für die Entwicklungsarbeit unabdingbar. Kirchliche und staatliche Entwicklungsarbeit haben dabei wichtige Aufgaben.

6. Bewahrung der Schöpfung

Eine weitere wichtige Aufgabe der Kirche ist die Bewahrung der Schöpfung, die Gott den Menschen anvertraut hat. Christen müssen alles dafür tun, dass die Lebensgrundlagen für alle nachfolgenden Generationen erhalten bleiben.

Von Erzbischof Ludwig Schick

 

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