Schule hat in Nordostindien oberste Priorität

Bildung hat für die Menschen in Nordostindien oberste Priorität. © Bistum Münster/Missio Aachen

Kirche erleben – das heißt auch, die pastorale Strategie der Pfarreien kennenzulernen, die auf dem Reiseplan der Gruppe aus dem Bistum Münster und von Missio Aachen stehen. Hierbei zeigt sich: Bildung hat für die Menschen in Nordostindien immer oberste Priorität, erst ganz am Schluss wird eine Kirche gebaut.

Eine Pfarrei besteht immer im Zentrum aus einer zentralen Pfarreistation mit weit im Umland liegenden Dörfern, den sogenannten Außenstationen. Meistens sind es zwischen 10 und 40 kleinere Dörfer, die dazu gehören. Sie sind teilweise mit Jeep oder Motorrad erreichbar, ansonsten nur zu Fuß. Der Marsch dorthin kann bis zu drei Tagen dauern.

Im Zentrum gibt es meistens einen Kindergarten, immer eine Schule (1.-10. Klasse) mit angegliederten Internaten, getrennt für Mädchen und Jungen. Für beides muss ein Beitrag gezahlt werden. Die Lehrer leben mit auf dem Gelände. Zu den Schulen gehören oft ein kleiner Schwesternkonvent mit zwei bis vier Schwestern und ein Priesterteam mit zwei bis vier Priestern. Die beiden Teams werden meistens von einheimischen und internationalen Orden gestellt. Sie geben auch Unterricht in der Schule und sorgen sich um die Internatskinder. Ansonsten touren Priester und Schwestern regelmäßig über mehrtägige Touren in alle angegliederten Dörfer.

Schulgelände in Nordostindien. © Bistum Münster/Missio Aachen

Schule zuerst: Die Kirche in den Dörfern wird zuletzt gebaut

In den Dörfern gibt es unterschiedliche Formen von Katecheten als lokale Verantwortliche für die Pastoral. Es sind häufig Männer, aber auch immer wieder Frauen. Es gibt einzelne verantwortliche Katecheten, ein Duo aus Mann und Frau oder Teams mit bis zu fünf Leuten, die von der Gemeinschaft für drei bis fünf Jahre gewählt werden. Die Gemeinschaft entscheidet auch, wer von jedem Dorf in den Pfarreirat entsandt wird. Dort können auch noch Einzelne dazu berufen werden.

So ein Pfarreisystem entwickelt sich nach und nach. Es beginnt oft mit ganz einfachen Gebäuden aus Bambus, in der dann Kinder beschult werden und Priester und Lehrer wohnen. Die Leute fragen immer zuerst nach einer Schule. So wird damit begonnen. Die Kirche wird zuletzt gebaut.

Kirche der Land-Pfarrei Batasipur in der Diözese Tezpur, Nordostindien. Sie wurde erst 2018 eingeweiht als letztes Gebäude, das dort entstanden ist. © Bistum Münster/Missio Aachen

Die Reisegruppe aus Deutschland erlebt durch die Bank sehr sympathische und engagierte LehrerInnen-, Schwestern- und Priesterteams. Ihre Häuser sind alle sehr gastfreundlich. Es gibt immer mehrere angegliederte Zimmer für Durchreisende und Besucher. „Das ist sehr faszinierend“, sind sich alle einig.

Bildung hat ganz klar Priorität, weil sich nur über sie Gemeinschaft und Gesellschaft verändert, auch wenn der Weg über kleine Schritte und mehrere Generationen gedacht werden muss. Es gibt viele tolle Beispiele, wie aus solchen SchülerInnen engagierte BürgerInnen werden, die mitunter auch wichtige berufliche Positionen ausfüllen.

Missio hilft beim Bau

Für die Errichtung der Gebäude ist unterstützende Hilfe auch aus dem Ausland notwendig; durch sie kann diese Infrastruktur aufgebaut werden. Missio als kirchliches, internationales Hilfswerk und einige deutsche und andere Diözesen werden als verlässliche Partner sehr geschätzt. Interessant: Es waren deutsche Missionare, die im 19. Jahrhundert im Nordosten Indiens mit der Mission begonnen haben.

Die Pfarrei Batasipur: Das kirchliche Alltagsleben findet statt in 33 Dörfern

Ein solches Entwicklungsbeispiel haben die Gäste aus Deutschland in der Diözese Tezpur erleben dürfen. Nach einer 90-minütigen Fahrt von Tezpur bis in die Land-Pfarrei Batasipur. 33 Dörfer gehören dazu. Missio Aachen, das Erzbistum Köln und alle Einheimischen haben das Projekt mit unterstützt. Die Kirche wurde erst 2018 eingeweiht als letztes Gebäude, das entstanden ist.

Die Menschen aus den Dörfern kommen in der Regel nur drei Mal im Jahr zur Pfarreikirche: Ostern, Weihnachten und zum Kirchweihfest. Ansonsten findet das kirchliche Leben in der Außenstation statt.

Schulausbildung in Batasipur: Kinder werden fit gemacht fürs College

Die Schule ist 2009 gestartet. Die meisten Kinder (80 Prozent) kommen aus der Volksgruppe der Boros. 15 Lehrer unterrichten 600 Kinder; ein Drittel von ihnen lebt im Internat. Die Schulgebühr beträgt 1.300 Rupien für katholische, 1.500 für andere Kinder. Eine Uniform kostet 250 – 300 Rupien (3 – 4 Euro). Die Menschen sind sehr arm, manche werden finanziell unterstützt oder sind vom Schulgeld frei gestellt. Sie bringen dann etwas von dem, was sie anbauen, zum Beispiel Reis.

Die Hälfte der SchülerInnen sind katholisch. Im Gebiet von Batasipur gibt es viele Hindus. Die Mädchen und Jungen besuchen vor Ort den Kindergarten und die Schule bis zur zehnten Klasse. Zum College, Klasse 11 und 12, mit Schwerpunkt fahren die Jugendlichen in eine der größeren Städte. Die sind manchmal mehrere hundert Kilometer entfernt. Danach kann man studieren. Der Priester berichtet, dass von dieser Schule, an der er auch unterrichtet, von 100 Kindern auch 100 zum College in verschiedene Städte gehen. Ein Studium danach ist eher selten. Begründet liege das, so der Geistliche, an den finanziellen Verhältnissen der Familien. Ein Studium sei teuer, kaum jemand könne sich das leisten. Wer aber das College besucht hat, findet anschließend auch Arbeit, von der er leben kann.

Eine Pfarrei besteht immer aus einer zentralen Pfarreistation mit weit im Umland liegenden Dörfern, den so genannten Außenstationen. © Bistum Münster/Missio Aachen

Die Organisation der Pfarrei

Es gibt Männer und Frauen als Katechisten, je zwei in jedem Dorf. Sie werden für drei oder fünf Jahre von der Gemeinde gewählt. Jedes Dorf hat einen Dorfrat, der von den Bewohnern gewählt wird und jedes Dorf wählt Vertreter für den Pfarreirat; einige werden auf Pfarreiebene zusätzlich berufen.

Die Pfarrei gestaltet die einzelnen Sonntage für verschiedene Anliegen, zu denen dann aus allen Dörfern Teilnehmer kommen, zum Beispiel Katechetenmessen und -treffen, Sonntage für Jugendliche oder Frauen. Die Priester touren während der Woche umher für Messen oder Meetings. Die Messe wird in Boro- oder Hindi-Sprache gefeiert. Die Priester sprechen im Durchschnitt fünf Sprachen. Die gemeinsame Sprache in der Diözese ist Hindi.

„Die Freude an der Arbeit kommt zuerst“

Auf die Frage nach den Herausforderungen seiner Arbeit antwortet der Priester: „Die Freude an der Arbeit kommt zuerst.“ Besondere Herausforderungen seien neben den hohen Erwartungen an die Priester, die manchmal nicht zu erfüllen seien, dass die Priorität der Menschen auf der Arbeit, dem Erwerb liege und dass die Jugendlichen immer mehr Möglichkeiten bekämen, so dass sie sich vom kirchlichen Leben mehr und mehr zurückzögen. Die Leute kommen oder kommen nicht, die Arbeit kommt zuerst für die Leute. „Im Moment ist es aber noch so, dass die Jugendlichen noch mit Nachdruck von den Eltern zur Kirche und zu Treffen geschickt werden“, sagt er.

Neugründungen von Pfarreien werden von der Diözese stark unterstützt

Sie bekommen monatlich 3.000 Rupies (40 Euro) und Messintentionen. Die Diözese stellt den Priestern die Unterkunft. In der Messe werden zur Gabenbereitung Lebensmittel gebracht: Reis, Gemüse oder Blumen zum Beispiel. Die Gaben sind für die Kirche und auch für die Küster und Schwestern. Generell kann man sagen, dass die Diözese der Neugründung einer Pfarrei in einem größeren Umfang Unterstützung leistet. Wenn Schule und Internate vor Ort gegründet wurden, zieht sie sich finanziell mehr zurück.

„Wir können viel lernen“

s ist sehr spannend zu sehen, wie diese pastorale Strategie der Bistümer bis in die entlegensten Land- und Bergregionen greift. Vor dem Engagement der sehr kleinen Teams rund um den Bischof auf Diözesanebene (5 – 15 Personen) bis zu den Teams der LehrerInnen, KatechetInnen, Ordensschwestern und Priester in diesen Großpfarreien beziehungsweise Missionsstationen kann man nur den Hut ziehen. Die Gäste aus Deutschland erlebten und erleben für die Sache brennende, strahlende … Jüngerinnen und Jünger Jesu. Der Ansatz wird durch eine mitunter stark wachsende Kirche bestätigt!

„Wir können viel lernen“, schlussfolgert Hans-Georg Hollenhorst. Dazu gehöre zum Beispiel die herausragende Gastfreundschaft, ein lebendiges Netzwerk und ein tiefer, persönlicher Glaube aus dem die Motivation für die pastorale Arbeit vor Ort unter oft ärmlichen Bedingungen erwachse.

Von der Reisegruppe des Bistums Münster und von Missio Aachen

Das Bistum Münster war gemeinsam mit Missio in Nordostindien unterwegs. Die Region ist die diesjährige Partnerregion des Monats der Weltmission, dessen Eröffnung im Oktober in Münster stattfindet. Die Gruppe besuchte die Gäste und Projektpartner, die im Herbst auch nach Deutschland kommen werden. Die Reise führte durch vier Diözesen: Guwahati, Itanagar, Tezpur und Shillong. Es ging unter anderem um die pastorale Arbeit, soziale und kulturelle Projekte, Bildungsangebote.

Zu allen Blogbeiträgen der Reisegruppe in Nordostindien.

Weitere Beiträge der Nordostindienreise im Weltkirche-Blog.

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