„To make Effata“ – etwas freier übersetzt: „die Sinne öffnen‘“ – das ist die Hauptaufgabe der Priester. So formulierten es heute unsere Gastgeber in Sterkspruit im Dienstgespräch des Pastoralteams, das regelmäßig stattfindet. Dass wir heute daran teilnahmen, mag dem Gespräch eine besondere Note gegeben haben, hat aber an der üblichen Struktur nichts geändert.
Zum Ablauf
Zunächst tragen die Priester die Punkte zusammen, über die geredet werden muss. Dann informieren sie sich gegenseitig über die zurückliegende Woche und besprechen anschließend die Aufgaben für die kommende Zeit, in der Regel für 14 Tage.
Bei der Verteilung der Aufgaben konnten wir wahrnehmen, wie bewusst die Priester darauf achten, das pastorale Konzept der Diözese mit Leben zu füllen. Mehr und mehr verinnerlichen sie es und machen es zu ihrer Grundhaltung. So achten sie darauf, viel mit den „Leadern“, also den Laien, für die verschiedenen pastoralen Felder zu arbeiten und sie zu fördern. Sie wollen ihnen die Augen, Ohren und den Mund öffnen, damit sie die verschiedenen Dienste übernehmen können, für die sie in den Gemeinden und Gemeinschaften ausgewählt und vom Bischof beauftragt werden.
Bibel-Teilen bestätigt die Grundhaltung
Wie jeden Mittwoch fängt für „unser“ Pastoralteam der Tag um 7.30 Uhr mit einem „Bibel-Teilen“ über den Text des nächsten Sonntagsevangeliums an. Spätestens jetzt beginnt die Predigtvorbereitung. Heute kam es für alle Beteiligten zur Premiere: ein „englisch-deutsches Bibel-Teilen“. Dank der großen Vertrautheit mit dieser Methode wurde aber diese Herausforderung spielend gemeistert. Auf je eigene Art haben wir uns alle gegenseitig beschenkt.
„Ich war krank, und ihr habt mich besucht …“
Fast typisch verlief der Besuch in Masabelane, mit dem unser Nachmittagsprogramm begann. Die Einrichtung kann am ehesten mit unseren Sozialstationen verglichen werden. Zwanzig „Care-Giver“ kümmern sich um 270 Kranke und leisten Gesundheitsvorsorge. Hier und von den Verantwortlichen der Gemeinde, in der die Station liegt, wurde die Hoffnung auf Hilfe für ihre Projekte geäußert. Uns gegenüber hat Father William jedoch erläutert, dass sich die Pfarreien selbst tragen müssen.
Das Leben feiern
Klug arrangiert hatte Father William unser Wochenprogramm. In der Mitte der Woche wurden wir in der Gemeinde mit dem schönen Namen „Lady Grey“ reich beschenkt: Frauen und Männer, Kinder, Jugendliche und Erwachsene feierten mit uns vor der Kirche ein Fest, das sowohl ein Fest des Glaubens als auch ein Fest des Lebens war. Zu den vielen Gesängen und Tänzen durften auch wir etwas beitragen, das vom Wortlaut her gut gepasst hat, auch wenn den Text kaum jemand verstanden hat: „Laudate omnes gentes / Lobet den Herrn, ihr Völker“. Unsere Gesangskunst war nicht übel, aber die Ehrlichkeit gebietet es festzuhalten: Von dieser Gemeinde können wir noch viel (Feier-)Kultur lernen – vielleicht auch, weil dort die Kunst des „Effata“, des Öffnens der Sinne, schon längst beherzigt wird.
Von Alois Moos, Kundschafter des Bistums Speyer in Südafrika
Im „House of the Lord“ – Bericht der zweiten Gruppe der Kundschafter
Nach dem Frühstück fuhren wir ins Township Molteno, zirka 80 km von Dordrecht entfernt. Im Gemeindezentrum angekommen, einer großen Kirche mit einem schönen Pfarrhaus, das bis vor einem halben Jahr noch von zwei Schwestern bewohnt war, stärkten wir uns mit einer Tasse Kaffee. Wir besuchten, begleitet von einer Gruppe engagierter Gemeindemitglieder, eine kommunale Altentagesstätte.
Beim Einzug, begleitet von einem traditionellen Tanz, erwartete uns eine fröhliche Gruppe von alten Menschen, die Frauen in bunten Gewändern. Gesänge und Gebete sowie eine Vorstellungsrunde der „Mütter“ und „Männer“, denn so wurden die anwesenden Besucher des Altenzentrums angesprochen, standen auf dem Programm. Im Dialog erfuhren wir etwas über die Gemeinschaft.
Eine 100-Jährige fordert zum Tanz
Besonders beeindruckt hatten uns die spontanen Glaubenszeugnisse der Menschen, die sich dabei oft auf die Tageslosung „In the House of the Lord“ (zu Deutsch „Im Haus des Herrn“) bezogen. Zum Abschied führten die Frauen, darunter auch eine fast 100-Jährige, einen traditionellen Hirtentanz auf. Noch beim Abschied entwickelte sich ein spannender und lustiger Austausch als wir selbstgemachte Strickwaren und traditionellen Schmuck anprobierten.
Nachmittags besuchten wir im Dorf die Sitzung einer Kleinen Christlichen Gemeinschaft. Dort erlebten wir wieder eine Bibelarbeit nach der Methode der sieben Schritte. Die Chancen, aber auch die Herausforderungen dieser Gruppen sind den unseren ähnlich: auch dort werden die Gemeinschaften hauptsächlich von Frauen über 40 Jahren getragen, die Männer und die nachfolgende Generation ist eher selten vertreten. Der Zusammenhalt der Gemeinschaft lebt auch stark vom Austausch über persönliche Probleme. Man trifft sich einmal pro Woche und die Zeit für das Treffen ist begrenzt auf eine Stunde.
Zum Abschluss waren wir Gäste bei einer Pfarrgemeinderatssitzung. Uns beeindruckten die lockere Atmosphäre und zugleich die Effektivität des Treffens. In einer guten Stunde waren alle fünf Tagesordnungspunkte abgearbeitet.
Zu Hause in Dordrecht angekommen erwartete uns ein Braj, was die Bezeichnung für ein südafrikanisches Grillfest ist. Der Tisch war reichlich gedenkt und wir unterhielten uns lange mit deutschen und afrikanischen Kirchenwitzen, Geschichten und Anekdoten.
Von den Kundschaftern aus den Pfarreien hl. Theresia von Avila, Neustadt, und hl. Elisabeth, Grünstadt, Alexandria Pfeifer, Bernd Wolf, Freddy Müller, Wolfgang Appel.
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