„Wie schnell die Zeit vergeht“ – diesen Satz will wahrscheinlich keiner gerne hören, doch gerade in letzter Zeit wird mir immer mehr bewusst wie wahr er doch sein kann. Vor über sieben Monaten stieg ich in das Flugzeug, welches mich für ein Jahr in ein völlig fremdes Land bringen sollte. Alles war neu und anders: Die Leute, das Essen, die Sprache. „Wie sollte ich mich jemals an all das gewöhnen können?“, dachte ich mir.
Jetzt, nach dem halben Jahr voller guter, aber auch schlechter Erfahrungen, stelle ich fest, wie normal alles um mich herum geworden ist. Dass schon früh morgens der übliche „Alltagslärm“ beginnt, wird nicht mehr hinterfragt, sondern im Gegenteil – an einem ruhigen Morgen fehlt etwas. Auch das Essen, das sich am Anfang so überhaupt nicht mit meinem Magen vertragen wollte, wird nun mit Genuss gegessen und kommt definitiv in mein imaginäres Kochbuch zu den Favoriten! Ich kann also zufrieden sagen: „Ich bin endlich angekommen und hab meinen Platz hier gefunden!“
Bin ich also schon Mexikaner?! Nein … auch wenn ich oft als Enkel oder entfernter Verwandter vorgestellt werde (was sogar schon geglaubt wurde! :D), bin ich mit einem Augenzwinkern immer noch der Andere, der aber irgendwie doch schon dazu gehört. Das kann oft sehr schwierig sein, weil man manchmal vor allem unter Freunden gerne so richtig dazugehören würde und doch bleibt man halt der Deutsche. Was ich damit sagen will, ist, dass ich zwar in diesem Sinne anders bin, was in einer guten Freundschaft jedoch letztlich völlig egal ist.
Und das ist es ja auch, was einen Freiwilligendienst ausmacht. Man hat die Möglichkeit, einmal so richtig in die Kultur einzutauchen, auch wenn man eigentlich nicht dazu gehört und es nur für ein Jahr ist. Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Dinge fallen mir ein, die ich im Projekt noch machen möchte. Man sollte also nicht die Tage zählen die schon vergangen sind, sondern die Tage, die noch vor einem liegen, schätzen.
Soo … damit jetzt nicht nur viel theoretisches Gerede diesen Blogeintrag dominiert, erfahrt ihr nun, was ich in der letzten Zeit so gemacht habe.
Wie schon erwähnt, verbringe ich einen sehr großen Teil meiner Zeit im Garten der Schule und arbeite dort mit den Kindern. Mit dem Beginn des neuen Jahres hat nun jede Klasse ihr eigenes Projekt im Garten angefangen. In den jüngeren Klassen werden dann beispielsweise Sonnenblumen oder Tomaten gepflanzt, gepflegt und später geerntet und gegessen. Somit sollen die Kinder ein besseres Verständnis dafür bekommen, wie eigentlich die Lebensmittel entstehen, die sie zuhause essen und natürlich auch, wie wichtig generell Pflanzen für unser Leben sind.
Die größeren Schüler bis zur 9. Klasse haben ein gemeinsames Projekt, in denen sie Sukkulenten kultivieren um diese später zu verkaufen. Sukkulenten sind sehr wasserhaltige Pflanzen, welche vor allem an trockene Gebiete angepasst sind. Die wohl bekanntesten dieser Art sind die Kakteen. Obwohl diese Pflanzen sehr pflegeleicht sind, ist deren Vermehrung ziemlich kompliziert und dauert sehr lange, weshalb sie teuer sind. Durch dieses Projekt sollen die Kinder auch einen Einblick in den Bereich des Verkaufs bekommen, was für einige später vielleicht hilfreich sein kann.
Bei allen Projekten helfe ich mit und da durchgehend aus irgendeiner Klasse Kinder für ihre Projekte in den Garten kommen, habe ich immer etwas zu tun, was mir sehr viel Spaß macht.
Und der Zirkus..?
Zurzeit gibt es nicht viel Neues zu berichten, aber der Zirkus läuft weiter … Dank der ersten Aufführungen im Winter kamen die Kindern mit einer viel stärkeren Motivation aus den Ferien zurück, was mir zeigte, wie gut das Projekt bei den Kindern angekommen ist. Fast nach jeder Stunde kann man immer wieder kleine Erfolge sehen, wenn der Trick dann doch noch geklappt hat, oder das Jonglieren mit drei Bällen endlich glückt. Gerade dann merkt man: Aller Aufwand hat sich letztlich gelohnt! Seit einiger Zeit trainieren wir nun auf die nächste Aufführung im April hin, wo es dann viele neue Dinge zu sehen gibt …
Und sonst so? Gerade in letzter Zeit stand Reisen und die Umgebung kennenlernen auf dem Programm, wozu ich die Wochenenden nutzte. Nachdem ich das erste halbe Jahr noch fast gar nichts außerhalb meiner Stadt gesehen habe, wollte ich dies nun nachholen. Hier lasse ich am besten die Bilder für sich sprechen …
Bis dann
Euer Jan
Dieser Blogeintrag stammt aus dem Sternsingerblog der Freiwilligen und wurde mit freundlicher Genehmigung von „Die Sternsinger“ und Missio verwendet.
Über Jan: Hallo! Ich heiße Jan Kaatze, bin 19 Jahre alt und wohne in Essen – doch nicht mehr lange. Denn schon bald werde ich meinen Freiwilligendienst in 9.540 Kilometer Entfernung beginnen. Für ein Jahr werde ich in Guadalajara, der zweitgrößten Stadt Mexikos, in dem Projekt „LA BARRANCA“ tätig sein. Hierbei handelt es sich um eine Schuleinrichtung, welche momentan fast 600 Kindern die Chance auf gute Bildung ermöglicht. Mit meinen Blogeinträgen möchte ich einen Einblick in meine Erlebnisse und Eindrücke vor Ort geben.
Mehr Infos zum Freiwilligendienst gibt es auf mein-eine-welt-jahr.de.