Erzbischof Dr. Ludwig Schick sieht den Einsatz für die Europäische Union als Christenpflicht: Europa dürfe nicht den Nationalisten und Populisten überlassen werden. Er äußert sich anlässlich der Europawahl am 26. Mai.
Europa muss uns Katholiken und allen Christen wichtig sein, weil uns aufgetragen ist, für Einheit und Frieden zu wirken. Katholischsein bedeutet, zu einer weltumspannenden Gemeinschaft zu gehören, die den Auftrag hat, das Reich Gottes auszubreiten. Dieses Reich, das Jesus Christus verkündet hat, ist ein Reich der Wahrheit und Freiheit, der Gerechtigkeit und des Friedens, der Solidarität und der Nächstenliebe. Um nichts mehr oder weniger geht es bei Europa.
Die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert haben auf schreckliche Art gelehrt, dass die „Einzelstaaterei“ viel Unheil in Europa und weltweit angerichtet hat. Seit 1945 und ausdrücklich seit dem Schuman-Plan 1950 ist die Vereinigung der europäischen Staaten im Gange. Sie will und kann die Ideale des Christentums für das Gemeinwohl fördern. Deshalb ist es Christenpflicht, am weiteren Aufbau und der Ausbreitung der Europäischen Union mitzuwirken.
Diesen Auftrag setzen wir Katholiken und Christen konkret um durch unsere Mitwirkung auf verschiedenen Ebenen Europas. Als Ortskirchen in allen Ländern Europas pflegen wir gute Beziehungen miteinander. Wir besuchen einander, reden miteinander, lernen voneinander und beten füreinander. Es gibt viele Partnerschaften von Diözesen und Pfarreien, von Jugendgruppen und vielen weiteren kirchlichen Organisationen. So leisten die Kirchen einen wichtigen Beitrag für Einheit, Frieden und Solidarität in ganz Europa.
Ebenso wichtig ist es für die Christen, in den politischen Gremien Europas mitzudenken, mitzureden und mitzuhandeln. Europa wird nur ein vereintes Europa in Frieden und Gerechtigkeit sein, wenn es nicht nur Wirtschaft und Kapital, Handel und die Kommunikationsmittel im Blick hat, sondern auch die europäischen Werte, die vor allem aus dem Evangelium entwickelt wurden. An diese zu erinnern und sie einzubringen in den Diskurs auf allen Ebenen muss uns Katholiken Anliegen und Pflicht sein. Sie wird erfüllt werden durch die Wahlwahlbeteiligung für das Europäische Parlament. Jeder Christ muss sich dabei besinnen, welchem Kandidat und welcher Partei er die Stimme gibt; es sollen die sein, die am geeignetsten sind, ein Europa der Einheit und des Friedens im Geist des Evangeliums aufzubauen und dafür entsprechend im Europäischen Parlament, in den Kommissionen und allen anderen Institutionen der Europäischen Union zu wirken.
Für Christen ist es Pflicht, für das vereinte Europa zu denken, zu entscheiden und zu wählen und sich nach Möglichkeit für die Politik Europas zu interessieren und mitzuwirken bei Unternehmungen und Projekten. Europa darf nicht den Nationalisten und Populisten überlassen werden. Wir Christen haben die Pflicht, mit unserer Botschaft der Wahrheit und des Friedens, der Solidarität und Geschwisterlichkeit Europa mitzugestalten. Das ist christliche Haltung und Christenpflicht.
Von Erzbischof Dr. Ludwig Schick