Churches for Future – Future for Churches?

There is no planet B Plakat vor Industrieanlage.Symbolbild für Klimaproteste. © Nicola – stock.adobe.com

„Die Erwachsenen sagen immer, wir müssen den jungen Menschen Hoffnung machen, aber ich will eure Hoffnung nicht. Ich möchte nicht, dass ihr hoffnungsvoll seid. Ich möchte, dass ihr in Panik geratet. Ihr sollt die Angst spüren, die ich jeden Tag spüre. Und ich möchte, dass ihr handelt. Dass ihr so handelt wie in einer Krise. Ich möchte, dass ihr so handelt, als wenn unser Haus brennen würde. Denn es brennt bereits.“ Mit diesen Worten richtete sich die schwedische Schülerin Greta Thunberg beim Weltwirtschaftsforum 2019 in Davos an die Topmanager und Spitzenpolitiker aus der ganzen Welt.

Was mit einer Einzelaktion dieser Schülerin begann, entwickelte sich innerhalb weniger Monate zur weltweiten Bewegung „Fridays for future“. Getragen wird sie hauptsächlich von Schülerinnen und Schülern, die jeden Freitagvormittag auf die Straßen gehen und dafür kämpfen, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens von 2015 eingehalten werden und somit auch die globale Erwärmung auf unter 1,5 °C begrenzt wird.

Den Kirchen scheint eine Kernkomptenz abhanden gekommen zu sein

Inzwischen haben sich Ableger wie zum Beispiel „Scientists for future“ oder „Parents for future“ gebildet, allerdings ohne die mediale Wirkung des Originals. In manchen kirchlichen Kreisen wird bereits diskutiert, sich dieser Bewegung anzuschließen, entweder unter dem Namen „Sundays for future“ oder „Churches for future“. Kirchen für die Zukunft – braucht man so eine Initiative innerhalb der Kirchen? Wenn ja, dann ist es doch eher unverständlich, wenn nicht gar beschämend für die Kirchen.

Besonders in den Anfängen des Christentums stand die Zukunftsfrage ganz im Mittelpunkt. Das Ende der Zeit wurde erwartet. Das Reich Gottes hatte schon begonnen. Die Christen dieser Zeit hofften auf eine bessere Zukunft im Diesseits und im Jenseits. Lange Zeit war es die „Kernkompetenz“ der Kirchen, den Menschen diese Hoffnung zu geben. Heute hat man den Eindruck, den Kirchen ist diese Kompetenz abhanden gekommen. Zu lange haben sie sich mit dem Machterhalt, mit Traditionen und Dogmen beschäftigt, sodass das Wesentliche der frohen Botschaft darunter verschwand. Sie verloren den Blick auf die Zukunft der Menschen und die Schöpfung und vielleicht sogar dadurch die eigene Zukunft. Zukunftslose Kirchen in einer zukunftslosen Gesellschaft? Dies kann eigentlich niemand ernsthaft wollen.

Es ist an der Zeit, dass die Kirchen die Zukunft wieder neu entdecken und zukunftsfähig werden. Ein hoffnungsvoller Beitrag kam 2015 von Papst Franziskus mit seiner ökosozialen Enzyklika „Laudato si‘“. Doch muss man zugeben, dass sie die breite Öffentlichkeit innerhalb der Kirchen nicht wirklich erfasst hat, zumal sie auch durch Missbrauchs- und Finanz­skandale überdeckt wurde. Dennoch: Resignation ist keine Option, besonders nicht für Christinnen und Christen.

Wenn Greta Thunberg sagt, sie wolle die Hoffnung der Erwachsenen nicht, meint sie wahrscheinlich, dass sie die Hoffnung als Vertröstung und Ausrede nicht will. Sie fordert weder einen vordergründigen Optimismus („Ich möchte, dass ihr in Panik geratet“), noch einen pessimistischen Fatalismus („Ich möchte, dass ihr handelt“). An diesen Punkt müssten die Kirchen anknüpfen. Die Zukunftsfrage ist einer der wenigen Bereiche, in denen es Überschneidungen und Berührungspunkte mit säkularisierten Gesellschaftsteilen und kirchenfernen Menschen gibt. In vielen anderen Fragen werden sie nicht mehr gehört oder ernst genommen. Nur wenn die Kirchen sich den Fragen der Zukunft stellen, werden sie ihre eigene Zukunft gewinnen.

Dazu müssen sie sich auf allen Ebenen eindeutig auf die Seite der Benachteiligten stellen und für die Bewahrung der Schöpfung eintreten. Neben der Frohen Botschaft gibt es eine Reihe von hoffnungsvollen Ansätzen und Papieren, die als Basis und Motivation dienen können. Man denke nur an die christliche Soziallehre, erweitert durch den Nachhaltigkeitsbegriff, oder an die schon erwähnte Enzyklika „Laudato si‘“. An dieser Stelle sollen die Hilfswerke, kirchlichen Verbände und Organisationen nicht unerwähnt bleiben, die jetzt schon einen wichtigen Dienst an den Menschen leisten. Aber das reicht nicht – zumindest, was die Zukunft anbelangt.

Hoffnung als Schatz, nicht als Vertröstung

Der größte Schatz, den die Kirche den Menschen zu bieten hat, ist die Hoffnung Gottes. Die Hoffnung Gottes hat nichts mit der „Hoffnung der Erwachsenen“ zu tun, die sich oft nur als Vertröstung entpuppt. Es ist nicht die Hoffnung, die einen verleitet, die Hände in den Schoß zu legen. Es ist eine Hoffnung, die nur von „außen“ – transzendent – kommen kann und eingebettet ist in ein sinngebendes Narrativ wie das Evangelium. In diesem Sinne können die Christinnen und Christen sowie die christlichen Kirchen eigentlich gar nicht anders, als zu handeln, auch wenn es nach menschlichem Ermessen ausweglos und hoffnungslos erscheint. Wenn es dazu eine Bewegung wie „Fridays for future“ oder „Churches for future“ braucht, dann ist es so.

Von Dr. Josef Fuchs

Dr. Josef Fuchs ist ehrenamtlicher Vorsitzender des Sachbereichs „Ökologie und Globale Verantwortung“ im Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese München und Freising und Vorsitzender des Sachausschusses „Mission, Gerechtigkeit und Frieden“ des Landeskomitees der Katholiken in Bayern.

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