Unser erster Arbeitstag gilt heute ausschließlich der Begegnung mit dem Leitungsteam des Pastoralzentrums Teyocoyani. Zunächst stellt sich das sechsköpfige Team unter der Leitung von María José Delgado vor.
Teyocoyani wurde 1990 von José Argüello gegründet und viele Jahre auch von ihm geleitet. Er begleitet unsere Gruppe seit gestern mit der Ankunft in Managua am Flughafen bis zu unserer Rückreise nach Deutschland. Am Vormittag erfahren wir einiges über die Geschichte von Teyocoyani.
Teyocoyani ist ein bistumsunabhängiges Institut, das Laien als Gottesdienstleiter, sogenannte „Delgados de la palabra“, theologisch aus- und weiterbildet. Jedes Jahr nehmen ca. 3.000 Teilnehmer an den verschiedenen Kursprogrammen teil. Konkret wird nach dem didaktischen Dreischritt „Sehen – Urteilen – Handeln“ vorgegangen.
Auf Pfarreiebene in einzelnen Diözesen Nicaraguas werden Bibel- und Pastoralkurse zu den Themen Ökologie, Familie, Migration, Laien, Spiritualität der Menschenrechte, Kultur, Kunst und Volksfrömmigkeit, Eucharistie und Pfarrei angeboten. Dabei ist es dem Team immer wichtig, die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmer aus den Pfarreien zu berücksichtigen. Die Arbeit findet vor allem in Landgemeinden statt, wo 20 Prozent der Bevölkerung Analphabeten sind und viele nur einige Jahre die Grundschule besucht haben. Ein weiterführendes Kursangebot gibt es auf Landesebene, wo die besten „Delgados de la palabra“ aus den Pfarreien an Fortbildungen in Bibelarbeit und einem speziellen Kursangebot für Frauen teilnehmen können.
Anerkennung und Finanzierung sind die größten Herausforderungen des Instituts
Der Laientheologe Argüello wurde anfangs von den Priestern und Bischöfen misstrauisch beäugt, bis ihm nach einigen Jahren Bischof Pablo Schmitz im Vikariat Bluefields als erster die Ausbildung seiner Laien anvertraute. Bischof Schmitz, der dem Kapuzinerorden angehört, werden wir morgen als „bischöflichen Vater“ der Organisation kennenlernen.
In drei Diözesen des Landes kann Teyocoyani mittlerweile mit Zustimmung der Bischöfe seine Bildungsarbeit durchführen, in den anderen Diözesen ist es punktuell möglich. Neben der Anerkennung der Arbeit durch Bischöfe und Priester stellt auch die Finanzierung von Teyocoyani jedes Jahr das Leitungsteam vor große Herausforderungen, weil man hier vor allem auf Spendengelder ausländischer Hilfs- und Missionswerke angewiesen ist.
„Wir wollen unseren Teilnehmern keine Kurse überstülpen, sondern mit ihnen gemeinsam Prozesse anstoßen“, sagt die engagierte Leiterin von Teyocoyani. Und was sich so über viele Jahre prozesshaft entwickelt hat, wurde in hervorragendes Schulungsmaterial umgesetzt – mit ansprechenden und kostengünstigen Heften, die in Sprache und bildlicher Gestaltung dem Bildungsniveau der Teilnehmer angepasst sind.
Ihre Leitlinien für die zukünftige Arbeit formuliert das Leitungsteam von Teyocoyani mit der Sorge um die Bewahrung der Schöpfung, die Gleichstellung der Geschlechter und das interdisziplinäre Arbeiten in ihren Kursen.
Die letzten Zeilen schreibe ich nun kurz vor Mitternacht, wenn es also in Deutschland bereits kurz vor 7 Uhr morgens ist. Unsere Gruppe hat sich in der abendlichen Feedbackrunde nochmals intensiv zu den persönlichen Eindrücken des heutigen Tages ausgetauscht. Allen gemeinsam ist die Anerkennung und der Respekt vor dem, was diese Laien von Teyocoyani auf die Beine gestellt haben. Hinzu kommen natürlich auch Überlegungen, was wir davon in unsere Heimatdiözese mitnehmen können.
Ihre Kundschafter aus Nicaragua
Stefan Angert
Hintergrund
Acht Frauen und Männer aus dem Bistum Speyer sind vom 28. November bis 11. Dezember auf Kundschafterreise in Nicaragua, um die seelsorgliche Arbeit der Kirche kennenzulernen und Anregungen für die Kirchenentwicklung im Bistum Speyer zu erhalten. Dieser Reiseblog erscheint zeitgleich auch auf der Website des Bistums Speyer.
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