Der Día de los muertos ist für die Mexikaner ein Fest voller Lebensfreude und Farbenpracht. Während wir in Deutschland um Allerheiligen herum recht kargen Grabschmuck für unsere Lieben auf den Friedhof mitnehmen, werden hier in Mexiko knallbunte Altäre auf den Straßen für die Verstorbenen aufgebaut, mit den berühmten bunten Schädeln aus Zucker oder Keramik, dem Lieblingsessen und -trinken des Verstorbenen, Kerzen und natürlich mit einem Bild des Angehörigen, an den an diesem Tag gedacht wird. Hier geht’s zum Video.
Genau genommen feiert man in Mexiko den Día de los muertos tagelang. Bereits am Wochenende vor dem 2. November sind die Straßen in Mexiko-Stadt prall gefüllt und scheinen gerade in den Abendstunden die sogenannten „Catrinas“, also junge Mexikanerinnen mit Totenkopf-Schminke und aufwändig geschmückten schwarzen Kleidern, sowie Familien und junge Pärchen anzuziehen. Es ist ein Fest der Familie, die Kinder sind ebenfalls mit Totenschminke bedacht. Was uns makaber vorkommen mag, ist hier ein Ausdruck der Lebensfreude. Man hat keine rechte Angst vor dem Tod, verschaukelt ihn gar bzw. macht sich bewusst, dass alle sterben müssen – Politiker wie Bürger, und damit auch alle letztlich gleich sind. Ein besonders fröhliches Memento Mori also.
So fröhlich kommt der Día de los muertos hier in Mexiko-Stadt daher, dabei verloren in den vergangenen Wochen rund 500 Menschen bei mehreren Erdbeben ihr Leben – in Mexiko-Stadt waren es fast 200 und es brachen zahlreiche Häuser und Kirchen zusammen. Doch auf der Bühne des riesigen Platzes „Zócalo“, mit seiner überdimensionalen Nationalfahne im Zentrum, tanzen junge Menschen zu lauter Popmusik mit Totenschminke heftig im Rhytmus, die Stimmung bei den Massen auf dem Platz ist ausgelassen. Es ist ein Totentanz, der spätestens seit Michael Jacksons Zombie-Musik-Video „Thriller“ wohl niemals ausstirbt.
Das amerikanische Pendant Halloween allerdings spielt hier in Mexiko-Stadt nur eine marginale Rolle. Vereinzelt sind Plastikmasken mit blutrünstigen Monstergesichtern zu sehen, ein Jokergesicht blickt verschmitzt aus der Menschenmenge. Die große Inszenierung mit riesigen Skelettpuppen, die zudem auf dem Platz ausgestellt wurden, hat wohl eher ihren Ursprung im jüngsten James-Bond-Film „Spectre“, in dem die Eingangsszene einen pompösen Día de los muertos in Mexiko-Stadt fingiert, der einem Karnevalsumzug gleich riesige Skelettpuppen in einer Parade auf dem Platz enden lässt. Mexiko-Stadt hat sich einen PR-Coup geleistet und diese Film-Fiktion in die Wirklichkeit übertragen – nicht zuletzt, um Touristen anzulocken.
Tatsächlich erinnert die etwas unheimliche und zugleich tosende Stimmung an die James-Bond-Szene. Dabei braucht das Spektakel hier in Mexiko-Stadt keine künstliche Aufwertung, es ist bereits so, wie überhaupt das bunte Treiben in der Megametropole, ein Fest für die Augen. Ein paar Meter weiter, neben der Stadtkathedrale und vor dem Templo Mayor, dem wichtigsten und größten Tempel der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlán, wird ein weiterer Tanz aufgeführt, und zwar von mit Federn geschmückten Indigenen. Sie tanzen sich zu heftigem Trommeln in Trance, sodass ihr riesiger Feder-Kopfschmuck sich im Rhytmus wiegt.
Daneben stehen indigene Schamanen und pusten Touristen und Einheimischen Rauch ins Gesicht und auf den Körper, um schlechte Geister oder Ähnliches zu vertreiben. Es riecht nach einer Art Weihrauch, ein Dunstkreis zieht über den Menschen herauf. Und während das Trommeln und Tanzen der Indigenen sich immer mehr in einen Rausch verwandelt, dringt von der Kathedrale nebenan aus dem Gottesdienst eine hohe, liebliche Frauenstimme. Wildes Trommeln und religiöser Gesang, indigene Kultur und christlicher Glaube, alles mischt sich mit diesem Día de los muertos zu einem prachtvollen Konzert der Sinne, bis auch der letzte Rauch und der letzte Luftballon in den Himmel gestiegen sind.
Von Claudia Zeisel
Diese Eindrücke entstehen im Rahmen der Presse-Reise von Adveniat vom 28.10. – 5.11.2017 nach Mexiko. Sie ist eine Vorbereitung auf die Adveniat-Weihnachtsaktion 2017 mit dem Thema Faire Arbeit. Mehr dazu bald bei weltkirche.katholisch.de.